Cara ist seit Karfreitag wieder zu haus. Gott sei Dank !! Ich bin nämlich mittlerweile „krankenhausmüde“ .. Und unserer Tochter auch… wir haben beobachtet, dass sie genau weiß, dass sie nicht zu hause ist.

Aber noch mal zurück zu den Tagen nach der OP..  Am Donnerstag, der Tag nach der OP ging es der Maus schon wieder besser. Sie hatte einen klaren Blick und das hat mich sehr glücklich gemacht. Leider hingen immer noch viele Zugänge und Kabel an ihr. Aber das war jetzt nur noch halb so wild. Die ersten Tage nach Einsetzen der neuen Magensonde wird sie nur intravenös ernährt und auch mit Antibiose behandelt. Irgendwie freu ich mich die „alten“, uns bekannten Schwestern auf der Intensivstation wieder zu sehen. Ich bin froh, dass Cara in guten Händen ist und wir uns nicht wieder auf neue Schwestern einstellen müssen. Trotzdem ist die Atmosphäre für uns auf der Intensivstation sehr erdrückend. Diese Apparaturen, das Gebimmel und Gepiepse  macht uns wahnsinnig und trübsinnig. Samstag bekomme ich mit, dass in einem Nachbarzimmer ein vierjähriger Junge liegt, der an Nüssen erstickt ist. Die Ärzte wollen am Montag die Geräte, die den Jungen künstlich am Leben erhalten, abschalten. Ich kann einfach nicht darüber hinweg gucken. Es ist so schrecklich ! Am Sonntag kommen so viele Angehörige des Jungen um sich von ihm zu verabschieden. Jedes mal wenn ich an dem Zimmer vorbei laufe, bekomm ich eine Gänsehaut. Ich möchte den Eltern so gerne was sagen, ihnen zeigen wie gut ich sie verstehen kann. Aber ich bin zu müde und zu traurig. Ich hab keine Energie mich länger mit den anderen Schicksalen zu beschäftigen. Und das gehört zum Elternalltag im Krankenhaus, man geht runter eine Zigarette rauchen und in fünf Minuten erfährt man wieder die Geschichte eines kranken Kindes …

Freitag besuche ich Frau Dr. Messing-Jünger, die Neurochirurgin der Asklepios Klinik. Sie möchte mich über den Eingriff an Cara´s Kopf aufklären Sie zeigt mir die MRT Bilder von Cara´s Kopf von August und vergleicht sie mit den CT´s aus Januar. Klipp und klar erklärt sie mir, dass Cara´s Gehirn aufgrund des Sauerstoffmangels geschrumpft ist. Das wäre eine normale Entwicklung nach so einem Schicksal und da gibt es auch keinen Druck, der mit einer Endoskopie genommen werden kann. Sie entschuldigt sich, dass „man“ uns falsche Hoffnungen auf Heilung gemacht hat. Das Einzige was wir nur noch tun können ist, Cara zu stimulieren ! Also mit anderen Worten : Leute findet euch damit ab und basta !!! NEIN !!! gar nichts BASTA  !!! Für uns ist gar nichts vorbei ! Ich werde mich nicht mit diesen Aussagen abfinden !! Nie und nimmer ! Cara wird von den meisten Neurologen aufgegeben. Und das tut verdammt weh !! Gleich nach diesem 10-minütigen Gespräch habe ich Frau Dr. Tamaschke angerufen und diese versicherte mir, dass sie Cara auf jeden Fall helfen kann. Und dabei bleibt es auch ! Wir vertrauen unserer Ärztin und es ist unsere einzige Chance dem Kind zu helfen. Natürlich war ich nach dem Gespräch in der Klinik verwirrt und für einen Moment habe ich an allem gezweifelt, aber mein Mann hat sofort gesagt : „Lass sie reden, die wissen nicht wie es Eltern wirklich geht, die so kranke Kinder haben … „  Mag sein, dass Frau Dr. Messing-Jünger eine sehr gute Neurochirurgin ist – das habe ich aus vielen Mündern gehört und ich kann es nicht beurteilen – aber wir werden weiter unserem Weg folgen.

Am Sonntagabend dürfen wir endlich wieder auf die normale Kinderstation. Wir ziehen in die Herzklinik auf Station K3. Dort freuen sich die Schwestern, Cara wieder zu sehen. Abends fahr ich erleichtert nach hause. Montagmorgen erfahr ich, dass Cara leider auf die normale Kinderstation 5 verlegt werden muss, das der Herzklinik wieder viele Neuaufnahmen bevorstehen und das Bett benötigt wird. Cara bekommt ein Einzelzimmer ! So ein Luxus. Einerseits langweilig aber andererseits ruhig und genau richtig zum Ausruhen nach den Strapazen. Mittlerweile wird unsere Maus mit Milch gefüttert. Langsam aber sicher wird sie auf die Entlassung vorbereitet. Jeden Tag verschwindet ein Zugang. Es ist langweilig im Krankenhaus ….Aber die neuen Schwestern auf der Station 5 sind auch sehr nett. Auch sie mögen Cara vom ersten Moment an.. Unser Engelchen .. J Mittwoch bekommt Cara noch einen Ultraschall vom Bauch, alles ist OK. Donnerstag wird der ZVK (Zentraler Venenkatheter) im Hals gezogen.

Nachmittag wird dann auch noch das Herzchen geschallt und Herr Dr. Zartner geht wieder so liebevoll mit unserem Kind um. Der Tumor in Cara´s Herzchen hat sich nicht verändert .. das ist gut und auch schlecht … wobei uns der Kardiologe erklärt, dass die Herztätigkeit nicht von der Größe des Tumors abhängt. Natürlich darf er nicht übermäßig wachsen, aber solange das Herz stabil bleibt, ist es OK. Der Doktor bestätigt, dass es Cara in der Zeit zu hause am besten gegangen sei, und dass Stress ihr nicht gut tut.

Freitag fahren wir morgens zu unserer Maus in der Hoffnung sie heute mitnehmen zu können. Und tatsächlich, die Chirurgen sind zufrieden und der letzte Zugang am Fuß wird entfernt. Cara ist total zerpiekst. Überall sind Einstiche zu sehen und ihre linke Hand ist immer noch von einem kaputten Zugang gezeichnet. Kaputter Zugang heißt, wenn die Infusion nicht in die Vene sondern daneben unter die Haut läuft. Die Hand ist dadurch angeschwollen und war ganz rot. Einige Tage muss sie kühlende Verbände tragen. Sie ist soooo tapfer und macht alles ohne zu murren mit, ich bewundere sie … nicht nur weil sie mein Kind ist … Kinder sind generell so tapfer .. ich glaube nicht dass ich das alles so „problemlos“ ertragen hätte. Wenn ich sehe was sie alles durchmachen muss, bin ich froh, dass sie noch so klein ist. Ich hoffe, sie kann später ein gutes Leben ohne all zu böse Erinnerungen führen. Ich wünsche ihr aus ganzem Herzen ein glückliches Leben …  Also machen wir uns Freitagmittag beschwingt auf den Heimweg. Leider ist das Wetter so unmöglich, dass ich heute mit ihr keinen Spaziergang in der frischen Luft machen kann.

Die Maus hat 10 Tage keine frische Luft geschnuppert. Doof ! Am Nachmittag fängt sie plötzlich an zu weinen, das steigert sich bis zu einem monotonem Schreien und wir fühlen uns so hilflos. Ich weiß nicht was plötzlich los ist, tausend Gedanken schießen mir durch den Kopf, ist was mit dem Darm, hat sie nur Blähungen oder doch noch post operative Schmerzen ? Ich ruf in der Klinik an, und die Chirurgin beruhigt mich, sie meint es kann jetzt so akut nichts aufgetreten sein. OK, dann abwarten. Sie weint ca. anderthalb Stunden. Ich weiß nicht was ich tun soll, so kenn ich sie nicht, zumindest nicht von zuhause. In der Reha hatte sie damals zwar auch so eine Schreiphase aber was jetzt ? Abends schläft sie gut ein und ruhig bleibt sie bis ca. 1 Uhr. Dann geht das Geschrei wieder los. Ich fühle mich wieder so machtlos und ruf wieder in der Klinik an. Die Nachtschwester, die Cara kennt rät mir ihr ein Paracetamol Zäpfchen zu geben und wenn wir uns ganz unsicher sind noch mal in die Klinik zu fahren. Nee, da will ich nicht wieder hin ! Ich weiß nicht was dann nach einer Stunde geholfen hat, Cara beruhigt sich wieder und schläft so schnell ein wie das Weinen angefangen hat.

Der Samstag vergeht ruhig, nichts Außergewöhnliches passiert. Samstag auf Sonntagnacht fängt Cara wieder an so bitterlich zu weinen. Aber ich bleib ruhig, gebe ihr Nurofen-Saft und ein Viburcol-Zäpfchen. Ich hoffe ich mach alles richtig, fühle mich trotzdem so allein und wünsche mir in dem Moment einen Pflegedienst zur Stelle … Sie pupst mal richtig und dann wird sie wieder ruhiger. Ich kuschele mich zu ihr ins Bett, halt ihre Hand und streichele ihren Bauch. Sie schlummert wieder friedlich ein…

Heute ist Sonntag, die Sonne scheint so herrlich als ob sie einiges wieder gut machen möchte. Mittag geht Cara mit ihrem Papi spazieren und in der Zeit putze ich die Bude. Nun, diese Dinge müssen ja auch noch getan werden.Nach ihrem Mittagsschläfchen, fängt Cara wieder an zu weinen. Ich weiß einfach nicht was los ist, das Schlimme ist, unser Kind lässt sich gar nicht beruhigen. Ich kann nichts tun damit es aufhört. Nach einer Stunde setze ich sie in ihr Stühlchen und schlage mit der Hand ein wenig lauter auf ihre Armlehne. Das ist einfach ein Reflex … sie erschreckt sich aber hört auf zu weinen. Und bleibt erstmal ruhig. Was ist es ? Ich denke, dass die Narkose und die OP erstmal verarbeitet werden müssen… ist es das Einleben zu haus ? Langeweile ? Sind es Schmerzen ? Außen sieht der Bauch gut aus, die Naht ist trocken und die neue Sonde nässt nicht .. Fieber hat die Maus auch keins … Schließlich entscheide ich mich für innere Unruhe und arge Blähungen. Sie pupst nämlich wie ein Weltmeister und ihr Gesichtsausdruck entspannt sich J Ich nehme sie mit in die Küche und erzähle ihr alles was ich tue .. Cara ist demnach abgelenkt und hat keine Zeit zu weinen. Leider hält es nur eine halbe Stunde und sie weint wieder .. ich lege sie einfach gerade auf die Couch und das scheint ihr zu gefallen. Der Abend verläuft ruhig und um kurz nach neun bringen wir sie ins Bett. Ich leg mich neben sie, halte ihre Hand und wünsche mir so sehr, sie könnte mir auch einen Kuss geben. Ich wünsche mir so sehr, sie würde wieder im Bett rumhüpfen und ihre Bärchen an der Wand bewundern. Die Erinnerungen schnüren mir wieder den Hals zu … Am liebsten würde ich jetzt bei ihr einschlafen. Sie atmet ruhig, so, als ob nichts wäre … Ihre Engelsmusik läuft und ich bitte ihre Schutzengel in Gedanken um Heilung und danke dem lieben Gott, dass trotz allem, alles gut läut und wir unsere Ärztin aus Aachen kennen gelernt haben.

Übrigens,  vergangene Tage erhielten wir ein Schreiben von unserer Krankenkasse, in welchem erklärt wird, dass die Kosten für den neurochirurgischen Eingriff im Krankenhaus Porz nicht übernommen werden. Grund : es gibt keine Abrechungsmöglichkeiten mit der Kasse, da das Krankenhaus Porz keine Neurologie hat. So ! Es macht mich so wütend, aber ich kann es auch klitzekleinwenig verstehen…

Wir haben bereits eine andere Möglichkeit den neurologischen Eingriff machen zu können in Sicht. Aber da diese Lösung erst in einigen Monaten zu tragen kommen kann, möchte ich in nächster Zeit erstmal nichts darüber schreiben. Wir freuen uns, wieder ein Licht zu sehen, wobei das Warten sicher schwer wird. Aber … es gibt wieder eine Hoffnung und das ist das Wichtigste

Bis bald, ihr Lieben

Eure Lucy